Tierversuche


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Tierversuche

 

I.    Kurzer historischer Abriß

II.   Tierversuche und Ethik

    A.   Die "Würde" in der anthropozentrischen Ethik

    B.   Die "Würde" in der nicht-anthropozentrischen Ethik

III.     Gesetzliche Grundlage - Das Tierschutzgestz

    A.   Recht und Ethik

    B.   Entwicklung der Tierschutzgesetzgebung

    C.   Das Verfassungsrecht

    D.   Das Tierschutzgesetz

IV.     Die Notwendigkeit von Tierversuchen

V.   Tierversuche aus Sicht der Tierschützer

VI.     Alternativmethoden - Möglichkeiten und Grenzen

 

 I.       Kurzer historischer Abriß

Der Mensch versucht seit Urzeiten, Krankheiten und Verletzungen zu heilen. Als Erkenntnis- und Erfahrungsquellen dienten sowohl Beobachtungen, als auch anatomische Untersuchungen an gesunden bzw. kranken Menschen und Tieren. Das Gewicht lag dabei auf der Vorbeugung und Verhütung von Krankheiten mit Hilfe von Medikamenten, die meist auf pflanzlicher Basis entwickelt wurden. Das wichtigste Ziel der Medizin bestand dabei im Weitergeben von Erfahrungen mit dem Umgang von Krankheiten und deren Heilung.

 Nicht alle Mediziner forschten allerdings in der Art und Weise. In jeder Ära gab es "Ausreißer", die Experimente mit Tieren, Sträflingen oder Kriegsgefangenen durchführten. Mitte des 19. Jh. erhob der französische Physiologe Claude Bernard das Tierexperiment zum Prüfstein jeglicher medizinischer Erkenntnisse.

Bis zum Beginn des 20. Jh. setzten sich die Anhänger der experimentellen Medizin, welche die so erworbenen Kenntnisse auf den Mensch übertragen woll(t)en, an den Universitäten durch. Bis ins späte

19. Jh. befaßte sich die Mehrzahl der Ärzte jedoch nicht mit der Frage, ob solche Experiment weitreichende Erkenntnisse für die Menschheit bringen würden.

"Da seit Claud Bernard viele medizinische Wissenschaftler tierexperimentell und klinisch arbeiteten, erscheint es aus heutiger Sicht fast unmöglich, nachzuvollziehen, welche Erkenntnisse letztlich auf Tierexperimente und welches Wissen auf klinische Studien zurückzuführen sind" (Rambeck 19.. , )

 Mit der Einführung des Tierexperiments und der damit verbundenen naturwissenschaftlichen Ansätze wurde der Schwerpunkt der Medizin zur mechanistischen Vorstellung bezüglich einer Reparatur defekter Organe verlagert. Die systematische Einführung des Tierversuchs hat dazu beigetragen,  daß vitalistische Ideen vom Heilen durch überprüfbar erscheinende Modellvorstellungen ersetzt wurden.

 Rein technisch gesehen wäre eine frühere Einführung möglich gewesen. Das Tierexperiment konnte allerdings erst durchgesetzt werden, als allgemein anerkannt wurde, daß der Mensch das höchst entwickelte Säugetier ist. Ob dem Mensch damit das Recht zukommt über Leben und Tod "niederer" Lebensformen zu entscheiden zukommt ist allerdings eine ethische bzw. moralische Frage. Hier setzt auch die Diskussion der Versuchsgegner und Befürworter ein.

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 II.     Tierversuche und Ethik

"Solange der Mensch für seine Experimente nur anorganische oder organische Stoffe gebraucht, ergibt sich vom Material her kein ethisches Problem. Beim Tierversuch ändert sich die Lage" (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 497).

"Tierversuche sind zwar auch ethisch zu normieren und eigens zu begründen. Sie sind nicht einfach damit legitimiert, daß Tiere gegenüber Menschen "niedrigere" Wesen sind" (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 671).

 Tierschutz wird nicht immer mit stichhaltigen Argumenten ausgeübt. Heute nimmt er Züge einer antiwissenschaftlichen Mentalität an und betont den humaitären Gedanken. Dieser Gedanke beinhaltet die Vorstellung, daß Mensch und Tier Glieder der selben Schöpfung sind, und geht von der Analogie der menschlichen Existenz zur tierischen aus, was auf dem Verhältnis von Mensch und Haustier begründet ist. Allerdings ist dies ohne gewisse Einschränkungen nicht möglich.

Die Wissenschaft sieht das Tier nicht als „Freund“, sondern als Quelle neuer Erkenntnisse für kranke Menschen und Tiere. Weiterhin wird der moderne Tierversuch, wie er heute praktiziert wird, nich mehr als Quälerei angesehen, da die Tiere nicht notwendigerweise leiden. Entweder sind sie narkotisiert oder gar tot. Es ist nicht zu bestreiten, daß bei bestimmten Versuchsanordnungen bzw. der Durchführung, die im wachen Zustand durchgeführt werden, Tiere leiden. Aus diesem Grund ist es begrüßenswert, daß das der Druck der Öffentlichkeit dahingehend ausgeübt wird, die Art von Versuchen auf ein Minimum zu beschränken (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1164ff).

Da das Tier genauso leiden kann wie der Mensch, konstituieren Tierschutzgesetze ein Recht der Tiere auf Schmerzfreiheit und (wenn nicht wesentliche Belange des Menschen betroffen sind) Leben. Die Verbote schmerzhafter Versuche erscheinen sinnvoll, wobei zu bedenken ist, daß Tiere ein anderes Schmerzempfinden besitzen als der Mensch (meist geringer). Da Wissenschaft und Öffentlichkeit sind sich einig, daß unnötige Quälerei verboten werden muß, gehen die Mediziner/Forscher zum Teil auf die Forderungen der Tierschützer ein (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1164ff).

 Auf der einen Seite schlißt man, hinsichtlich biologischer Vorgänge, vom Tier auf dem Mensch, und auf der anderen Seite leitet man aufgrund der Unterschiedlichkeit die Berechtigung für Tierversuche ab. Die Tierversuchsgegner sind der Meinung, daß Tiere Mitgeschöpfe sind und dementsprechend ein Recht auf artgemäßes und qualfreies Leben haben. Wegen der Unterlegenheit des Tieres, hat der Mensch die Aufgabe dieses zu schützen, da die Achtung vor dem Leben das höchste Gebot ärztlichen und wissenschaftlichen Handelns sein muß. Demnach hat der Mensch kein Recht das Tier für seine Zwecke auszubeuten (http://www.bn-ulm.baynet.de/fuente/tierschu/mitleid.htm).

 Tiere werden seit Urzeiten auf vielfältige Weise genutzt. Sie dienen zur Ernährung, zur Bekleidung oder als Arbeits- und Spieltiere. Über diese Art von Nutzung wird bei der Argumentation, wenn es gegen die Ausbeutung des Tieres geht, nicht immer nachgedacht, da es Dinge sind die zu wesentlichen Bestandteilen der Gesellschaft geworden sind, und auf die nicht verzichtet werden können. Vor jedem Versuch wiegen die Experimentatoren ethisch ab, ob der erzielte Nutzen das Leiden des Tieres rechtfertigt. (http://www.tierschutz.org/GrundF/Tierversuche.htm)

 Tierschützer begründen ihre Aussagen teilweise mit dem Argument, daß Tier ebenso wie der Mensch, Würde besitzt. Mit dem Begriff "Würde" sind verschiedene Ethikansätze verbunden. Bei den Ansätzen handelt es sich zum einen um anthropozentrische (Mensch steht im Mittelpunkt) und andererseits um die nicht-anthropozentrischen Denkansätze. Der größte Teil der Ethiker vertritt heute eine der beiden Meinungen, wobei diese stark voneinander abweichen können.

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A.    Die "Würde" in der anthropozentrischen Ethik

Das Attribut "Würde" wird dem Tier durch den Mensch zugeschrieben, mit dem Hintergrund, daß sich die subjektiven Erfahrungen bei Mensch und Tier weitestgehend entsprechen. Da Tiere Angst, Schmerzen und Frustration (analog positive Gemütszustände) empfinden können, ist es legitim ihm eine Empfindungsfähigkeit zuzusprechen. Anhand dieser Tatsachen ist dem Tier eine hohe Achtung entgegenzubringen. (http://www.sanw.unibe.ch/root/presse/stell/tierwuerde_d.htm)

Eine entscheidende Rolle spielt die Fähigkeit des Menschen zur freien Entscheidung, sowie die Verantwortung des Stärkeren für die schwächere Kreatur hinsichtlich der Haltung von Versuchstieren sowie der Mehrung von Erkenntnissen über dessen Bedürfnisse.

Die Würde des Menschen ist prinzipiell verschieden von der des Menschen, was sich schon bei der Beurteilung des materiellen Wertes bemerkbar macht. So besitzt der Mensch, im Gegensatz zum Tier, keinen Kauf- und Verkaufswert. Der Wert dem ein Tier beigemessen wird, wird dabei vom Mensch festgelegt. Menschen zu verkaufen würde gegen dessen Würde verstoßen, aber nicht gegen die eines Tieres. Der Mensch ist sich seiner Würde bewußt, aber nicht das Tier. Ein wesentlicher Bestandteil der Würde des Tieres ist dessen Empfindungsfähigkeit. Die Würde des Tieres darf nicht geltend gemacht werden, um Beeinträchtigungen menschlicher Würde zu rechtfertigen. "Die Würde des Tieres kann nicht dem Recht auf Leben und dem Recht auf Gesundheit des Menschen entgegengesetzt werden" (http://www.sanw.unibe.ch/root/presse/stell/tierwuerde_d.htm)

 

B.     Die "Würde" in der nicht-anthropozentrischen Ethik

Hier ist die Würde eine von vornherein innewohnende Eigenschaft von Mensch und Tier. Der Mensch gilt als gleichwertiges Element in einer Lebensgemeinschaft. Das Tier besitzt (in abgestufter Form) ein vom Mensch unabhängiges Dasein als strebendes Wesen nach dem Zustand der Erfüllung. Unter Erfüllung versteht man die Selbstentstehung, Selbstentfaltung und die organische Selbsterhaltung. Somit ist es gerechtfertigt dem Tier Würde zuzusprechen. Aufgrund der Tatsache, daß das Tier Würde besitzt ist der Mensch nicht berechtigt dieses zu unterwerfen und dessen Interessen zu unterdrücken (http://www.sanw.unibe.ch/root/presse/stell/tierwuerde_d.htm).

 Die Würde des Tieres, wenn ihm eine solche zuerkannt wird, leitet sich aus unterschiedlichen Denkansätzen ab. Beide Ansätze ergänzen sich gegenseitig und stehen nicht einander starr gegenüber. "Die "Würde des Tieres", ..., betrifft unmittelbar die Verantwortungsethik, die in einer pluralistischen Gesellschaft jeden in die Pflicht nimmt. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Tier von seiten des Menschen ein vorgegebener innerer Wert zuerkannt wird oder nicht" (http://www.sanw.unibe.ch/root/presse/stell/tierwuerde_d.htm)

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III.  Gesetzliche Grundlage - Das Tierschutzgestz

A.    Recht und Ethik

"Experimente mit Tieren sind für Recht und Ethik insbesondere deshalb problematisch, weil sie an lebenden Wesen vorgenommen werden, die prinzipiell in ähnlicher Weise wie Menschen Schmerzen, Leiden und Schäden erfahren können" (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1166).

Aus ethischer Sicht hat der Mensch mit Sicherheit das Recht die Tiere für seine Bedürfnisse zu nutzen. Allerdings ist er auch verpflichtet auf die Mitgeschöpfe zu achten und für deren Wohlbefinden zu sorgen. Die Stimmen über ein grundsätzliches Verbot von Tierversuchen verdichten sich immer mehr. Die rechtliche Begründung wird dabei im Gleichheitsgrundsatz, der hier auf die Gleichberechtigung von Mensch und Tier abzielt, gesucht, in der Menschenwürde oder in bestimmten Rechten die den Tieren zugeschrieben werden. Dabei ist der Gesetzgeber in letzter Zeit mehr und mehr bestrebt, den ethischen Tierschutz rechtlich zu stärken (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1166f).

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B.     Entwicklung der Tierschutzgesetzgebung 

Die Vivisektion war schon vor über hundert Jahren Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen. 1885 wurde z.B. im v.-Gosslerschen Erlaß gefordert, daß Tierversuch nur zu „ernsten Forschungszwecken verwendet werden dürfen, wobei die Tiere prinzipiell zu betäuben sind und wenn möglich nur niedere Versuchstiere verwendet werden.

Eine neue Stufe der Rechtsentwicklung war das Reichstierschutzgesetz von 1933. Dieses Gesetz ging noch einen Schritt weiter, indem es Tierversuche grundsätzlich verbot. Grundsätzlich heißt jedoch nicht uneingeschränkt. In gewissen Ausnahmenfällen war es dennoch möglich die Vivisektion weitehin zu betreiben. Zu diesen Ausnahmen zählten gewisse Forschungsinstitute. Der Lauf der Zeit und der Wandel im Denken des Menschen machte weitere Änderungen im Tierrschutzgesetz erforderlich. So ist heute z.B. jeder Versuch, der an Wirbeltieren vorgenommen wird genehmigungspflichtig und darf auch nur dann durchgeführt werden, wenn die angestrebten Ergebnisse nicht anders zu erreichen sind (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1167f).

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C.    Das Verfassungsrecht

Der Tierversuch unterliegt nach Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz der Forschungsfreiheit. Die Forschungsfreiheit kann nicht willkürlich eingeschränkt werden, da sie zu den Grundrechten zählt. Manche Tierversuchsgegener sehen in diesem Grundrecht, die Möglichkeit der Wissenschaft für uneingeschränktes Handeln, nicht zuletzt aus dem Grund, weil das Tier gegenüber dem Mensch nicht grundrechtsfähig ist. Da der Schutz des Tieres also nicht direkt aus dem Grundgesetz abgeleitet werden kann, versucht man es teilweise auf indirektem Weg, wie z.B. über die Menschenwürde, der Mitverantwortung des Menschen für das Tier oder anhand ethischer Normen und Richtlinien (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1168f).

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D.    Das Tierschutzgesetz

Die gesetzliche Grundlage für die Durchführung von Tierexperimenten regelt das Tierschutzgesetz. Der Zweck dieses Gesetzes ist in § 1 festgelegt und lautet wie folgt: " Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen". (VERFASSER)

Die Zulässigkeit von Tierversuchen wird in § 7 TschG geregelt. Hier wird jeder Eingriff, am Tier bzw. an dessen Erbgut als Versuch bezeichnet, wenn er mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist. Tierversuche dürfen nicht willkürlich durchgeführt werden, sondern nur dann, wenn sie zur Vorbeugung, Erkennung oder Behandlung von Krankheiten jeglicher Art, zur Erkennung von Umweltgefährdungen, zur Überprüfung von Stoffen auf Unbedenklichkeit oder zur Grundlagenforschung  bei Mensch und Tier dienen. Desweiteren müssen die Versuche ethisch und moralisch vertretbar sein. Versuche, die Schmerzen und Leiden über einen längeren Zeitraum anhalten, sind nur dann gerechtfertigt, wenn die dabei zu erwerbenden Erkenntnisse von wesentlicher Bedeutung für die Wissenschaft sind.

Neben der Zulässigkeit von Tierversuchen wird auch die Genehmigungspflicht sowie die Durchführung des Versuchs an sich festgelegt. Es würde an dieser Stelle zu weit führen, wenn nähere Ausführungen zu jeden Paragraph in denen der Tierversuch explizit geregelt ist gemacht werden. Es ist festzuhalten, daß der Tierversuch seine Möglichkeiten und Grenzen Tierschutzgesetz findet und dort speziell in den §§ 7 bis 9.

Nach Meinung des Autors läßt dieses Gesetz ein weites Spektrum an Interpretationsmöglichkeiten zu, welches auch zu Gunsten der Vivisektoren ausgelegt werden kann.

Das Bestreben der Tierversuchsgegner besteht zum Teil auch darin, eine Änderung des Gesetzes herbeizuführen. Große Erfolge sind aus deren Sicht allerdings noch nicht zu verzeichnen.

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IV. Die Notwendigkeit von Tierversuchen

"In der Öffentlichkeit ist der Tierversuch in den letzten Jahrzehnten auf zunehmende Kritik gestoßen und sieht sich daher einem verstärkten Begründungszwang ausgesetzt" (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1160).

Viele Erkenntnisse über Entstehung und Verlauf von Krankheiten, Operationstechniken, medizinische Geräte und Instrumente, Diagnosemethoden, Hygiene sowie Arzneimittel resultieren aus Tierversuchen (Verfasser???).

"Experiment werden in aller Regel zunächst an Tieren gemacht. Die Ergebnisse führen, wenn es gutgeht, zu neuen diagnostischen oder therapeutischen Möglichkeiten. Sie müssen am Menschen unter Beobachtung der Integrität des Patienten und seines Selbstbestimmungsrecht verifiziert werden" (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 336).

 Ohne Prüfung der Substanzen bzw. Medikamente am Tier müßte die Entwicklung der Heilmittel eingestellt werden. Dies wäre mit erheblichen Gefahren für den Mensch verbunden, da er der einzige ist an dem Tests dann noch vollzogen werden können. Dies sind die Argumente der Phamakologen hinsichtlich zur Einstellung von Tierversuchen (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1160).

Die Medizin rechtfertigt die Tierexperimente mit folgenden Argumenten: Anhand von Tierexperimenten können Mechanismen untersucht werden, wie es am Mensch nur schwer möglich bzw. mit erheblichen Risiken verbunden ist. Die Ergebnisse die bei den Tierversuchen erzielt werden sind auf andere Art und Weise nicht möglich zu gewinnen. Demonstrationen, wie sie in Lehrveranstaltungen an Universitäten durchgeführt werden, veranschaulichen die grundsätzlichen Lebensvorgänge und sind wichtiger Bestandteil für die Grundlagenforschung.

Oftmals wird auf die Alternativmethoden verwießen, die nach Meinung der Tierschützer die selben Erbenisse liefern können. Allerdings reichen die Versuche an Zellen, Zellkulturen oder isolierten Organen nicht aus um die notwendigen Erkenntnisse zu gewinnen. Bei Forschungen und Beeinflussungen physiologischer Regelkreise sind Untersuchungen am Tier unerläßlich. (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1160).

Die Tiere werden nur in raschen und schmerzlosen Verfahren getestet. Die Tests dienen nicht nur zur Entwicklung neuer Medikamente, sonder auch zur Verbesserung bereits vorhandener Krankheiten. Sie sind nicht die Sache einzelner Organe sondern des gesamten Organismus. Die Anwendung neuer Methoden aus Physik und Chemie lassen neue Erkenntnisse auf diesem Sektor erwarten.

 Es ist nicht bestritten, daß eine zu große Anzahl von Wissenschaftlern auch eine große Zahl von Versuchen durchführt, wobei die erzielten Ergebnisse nicht immer wertvoll sind. Allerdings führt ein Verbot von Tierversuchen nach einer gewissen Zeit zu Defiziten in der Wissenschaft. Da eine Abschaffung nicht als sinnvoll zu erachten ist, ist eine Kontrolle solcher Forschungen durch die Öffentlichkeit oder Ethikkommissionen erforderlich (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1161f).

 Der Verbrauch an Tieren für Versuchszwecke ist im Gegensatz zum Verbrauch von Tieren in der Lebensmittelindustrie verhältnismäßig gering, und fällt mit 0,04% am Gesamtverbrauch nicht ins Gewicht. Die Zahl der Versuchstiere ist in den Jahren 1989 - 1995 von 2.641.522 auf 1.642.532 Tiere zurückgegangen. Dies läßt die Vermutung zu, daß selbst die Vivisektoren bestrebt sind weniger Tiere für Forschungszwecke zu verwenden. Der herrschenden Meinung zufolge liegt die Dunkelziffer jedoch weit höher, als die hier angegebenen Zahlen.

Der folgenden Tabelle ist eine detailliertere Aufschlüsselung des Tierverbrauchs in Deutschland zu entnehmen.

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 Anzahl der von 1989 bis 1995 verwendeten Versuchstiere in der Bundesrepublik Deutschland

 Art der Versuchstiere

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

Mäuse

1.301.678

1.241.757

1.223.741

1.064.883

973.106

868.312

821.888

Ratten

696.832

630.172

611.530

558.516

508.769

459.781

439.010

Meerschweinchen

121.784

108.956

101.842

86.252

73.905

68.457

56.944

Andere Nager

34.094

30.854

25.905

21.083

27.492

3.985

25.537

Kaninchen

76.165

72.839

70.228

63.210

52.188

44.126

41.565

Menschenaffen

132

0

5

0

0

0

0

Hunds- und
Breitnasenaffen

1.689

2.081

1.547

1.032

1.172

1.067

1.037

Halbaffen

50

226

116

33

125

178

126

Hunde

8.089

6.977

6.517

6.007

5.551

6.067

5.318

Katzen

2.734

2.167

1.921

1.725

1.127

1.067

1.037

Andere
Fleischfresser

295

333

228

365

248

318

249

Pferde, Esel usw.

169

214

217

284

200

151

275

Schweine

9.802

11.778

12.158

11.239

10.719

12.622

10.518

Ziegen und Schafe

2.339

3.444

2.690

2.550

1.911

1.964

2.242

Rinder

1.506

3.869

3.079

2.096

2.910

2.880

1.854

Andere Säugetiere

320

273

286

287

669

339

180

Vögel einschließlich
Geflügel

92.651

92.660

87.621

85.676

89.636

103.973

89.726

Reptilien

201

281

124

82

281

293

743

Amphibien

8.584

14.354

6.568

6.705

10.718

9.221

14.882

Fische

282.399

227.789

246.387

170.563

163.494

153.319

129.076

Gesamt

2.641.522

2.451.024

2.402.710

2.082.588

1.924.221

1.758.500

1.642.532

 

Diese Art der Versuche scheinen unerläßlich, wenn es darum geht neue Erkenntnisse, in der Chirurgie und deren erfolgreiche Anwendung am Mensch, zu gewinnen.

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V.   Tierversuche aus Sicht der Tierschützer

Neben den ethischen und moralischen Gründen, aus denen Tierversuche abgelehnt werden stehen die wissenschaftlichen Argumente, die die Behauptungen der Sinnlosigkeit von Tierexperimenten massiv untermauern.

Die Ärzte wissen, daß Krankheiten die beim Mensch auftreten, andere Symptome aufweisen als beim Tier. Ebenso verhält es sich mit den entsprechenden Behandlungen. Eine bestimmte Krankheit beim Tier wird anders behandelt als beim Mensch und wird demnach auch mit anderen Medikamenten behandelt. Es gibt sicherlich Krankheiten, die sowohl beim Mensch als auch beim Tier mit den gleichen Medikamenten behandelt werden können, jedoch sind diese verhältnismäßig gering als die, bei denen dies nicht der Fall ist. Nach Meinung der Tierversuchsgegner, können bzw. hätten auch diese Medikamente ohne die entsprechenden Tierversuche entwickelt werden können. Auf die entsprechenden Verfahren werde ich im Abschnitt "Alternativmethoden" näher eingehen (Sharpe 1990, S. 1).

 Wie schon erwähnt können Medikamente auch ohne Versuche an Tieren entwickelt werden. An dieser Stelle möchte ich nur zwei Beispiele aus der Geschichte der Medizien anführen, die diese Aussage bestätigen sollen.

In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts führte der deutsche Wissenschaftler und Experimentator Robert Koch Versuche durch, Cholera bei Tieren hervorzurufen, was im letztendlich nicht gelang. Er mußte seine Forschung auf Beobachtungen von aktuellen Fällen beim Menschen beschränken. Als Ergebnis gelang es ihm den Erreger zu isolieren und fand heraus wie er übertragen wurde.

Ein weiteres Beispiel ist das Gelbfieber. Da diese Krankheit in der Form wie sie beim Mensch auftritt, beim Tier nicht existiert, waren die Wissenschaftler gezwungen Selbstversuche durchzuführen. Auch hier wurde herausgefunden wie der Erreger übertragen wird und entsprechende Gegenmaßnahmen konnten entwickelt werden (Sharpe 1990, S.1)

"Sogar in Fällen, in denen die bei Tieren hervorgerufenen Symptome denen des kranken Menschen ähneln, können zugrunde liegende physiologische und biochemische Unterschiede experimentelle Ergebnisse wertlos machen" (Sharpe 1990, S.1) Dies gilt z.B. für den Schlaganfall. Von 25 im Tierversuch (Stand 1990) erprobten Medikamenten zeigte keines eine positive Wirkung auf den menschlichen Organismus. Hinsichtlich dessen meinen viele Wissenschaftler die Antwort nicht am Tiermodell zu finden, als vielmehr in der Entwicklung neuer Techniken, welche es ermöglichen Untersuchungen am lebende Menschen durchzuführen.

Es gibt zahllose Beispiele die zeigen, daß chemische Substanzen bei Mensch und Tier unterschiedliche Auswirkungen auslösen.

- Methylalkohol: Der Mensch erblindet, für Labortiere erträglich

- Arsen: Für den Menschen tödlich, Schafe vertragen erhebliche Mengen

- Vitamin C: Mangel führt beim Menschen zu Skorbut - Hunde, Katzen und Nagetiere benötigen es in der Nahrung überhaupt nicht

- Penicillin: Medikament für den Menschen, Meerschweinchen sterben nach wenigen Tagen daran

- Blausäure/Zyankali: Tödlich für den Menschen - der Koalabär oder die Kröte vertragen beträchtliche Mengen

- Botulinusgift aus Fleischkonserven: Für den Menschen hochgiftig, harmlos für die Katze - und absolut tödlich für die Maus

 "Bei solchen Unterschieden können Versuche mit Tieren entweder wertlos oder ausgesprochen gefährlich sein, weil sie ein falsches Gefühl von Sicherheit geben" (Sharpe 1990, S. 2). Es ist noch anzumerken, daß allein im Zeitraum zwischen 1976 - 1985 mehr als 51% der auf den US - Markt gelangten Medikamente unerwartete und ernsthafte Nebenwirkungen aufwiesen, welche in Tierversuchen vorher nicht festgestellt wurden.

 Diese Beispiele zeigen die Gefahren auf, die entstehen können, wenn man sich auf die Ergebnisse von Tierexperimenten verläßt. Da es unmöglich ist, festzustellen welche Tierart entsprechend dem Mensch auf chemische Substanzen reagiert, besteht immer das Risiko von irreführenden Vorhersagen.

"Zur Rechtfertigung tierexperimenteller Tätigkeiten wird oft behauptet, daß die meisten humanmedizinischen Therapie- und Diagnostikmethoden durch Tierversuche erarbeitet oder gar "gefunden" worden seien" (Hartinger S. 1).

Aus einem Versuch geht nichts anders hervor, als daß eine Substanz unter bestimmten Umweltbedingungen eine bestimmte Reaktion herbeiführt bzw. das chirurgische Eingriffe von einem Organismus gut oder schlecht vertragen werden.

Jedes Wissen, welches hinsichtlich der Reaktion des Menschen erworben wurde, konnte nur deshalb erlangt werden, daß Versuche mit und am Mensch durchgeführt wurden. Dieser Auffassung ist auch der Gesetzgeber und hält die Wertübertragung auf den Mensch als unbeurteilbares und damit unzumutbares Risiko. Das Gesetz verlangt (obwohl zahlreiche Tierversuche durchgeführt wurden), daß der Nachweis für die Verträglichkeit und Unbedenklichkeit für den Mensch zu erbringen ist (Hartinger S.1).

Hier stellt sich die Frage, warum Tierversuche durchgeführt werden, wenn das Medikament letztendlich doch erst am Mensch erprobt werden muß.

Vielfach wird darauf hingewiesen, daß tierexperimentelle Ausbildung zum erlangen operativer Fähigkeiten unerläßlich seien. Die Gegner der Tierversuche sind der Meinung, daß die Experimente nur angesichts mangelnder Zeit, ungenügende manuelle Praxis oder nicht ausreichender chirurgischer Erfahrung in der Ausbildung, durchgeführt werden. Sie dienen somit nur der persönlichen Erleichterung und begründen keine Notwendigkeit für die Ausbildung (Hartinger S.1).

Weitgehend sind die Fachleute sich einig: Das Ergebnis eines Tierversuchs gilt generell nur für das eingesetzte Versuchstier, das getestete Präparat oder den zu prüfenden Eingriff und die jeweilige Versuchsanordnung. Alle daraus für die Tiere oder sogar für Menschen abgeleiteten Rückschlüsse sind nur Interpretationen.

Bei Versuchstieren werden oft die Wechselwirkungen des Gesamtorganismus ausgeschaltet, um die Folgen einer Substanz oder eines Eingriffes zu testen. Mit der Ausschaltung, Unterdrückung oder künstlichen Beeinflussung der organisch-psychischen Wechselbeziehung werden aber auch die zu untersuchenden Faktoren und Funktionen verändert, so daß die Ergebnisse von vornherein zweifelhaft sind. So zeigt sich auch, daß in den letzten Jahrzehnten eine große Zahl von im Tierversuch exzessiv geprüften Medikamenten nach der Zulassung wieder zurückgezogen und verboten wurden, weil beim Menschen tierexperimentell nicht vorhergesehene Nebenwirkungen, zum Teil mit Todesfolge, auftraten. Allgemein bekannte Beispiele wie Contergan, Lenotan, Menocil oder Amidonal stellen nur die Spitze eines Eisbergs dar

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VI. Alternativmethoden - Möglichkeiten und Grenzen

"Unter "Alternativ-, Ersatz- und Ergänzugsmethoden" werden im Sprachgebrauch von Wissenschaft, Industrie und Behörden üblicherweise Systeme mit schmerzfreier Materie verstanden, welche Tierversuche mehr oder weniger überflüssig machen oder wenigstens massiv reduzieren sollen" (Rambeck 1995, S.1). Mit diesen Methoden soll nicht die Sinnhaftigkeit von Tierversuchen in Frage gestellt werden. Hier müssen eher Ergebnisse gefunden werden, die auf den Mensch übertragbar sind.

"Der Begriff "in-vitro-System" (= im Reagenzglas) ist wertneutral und weist darauf hin, daß für Forschung dieser Art kein lebendes Tier eingestzt wird" (Rambeck 1995, S. 1). Neben Zell-, Gewebe- und Organkulturen fallen in diese Kategorie auch Computersimultionen oder didaktische Materialen für die Ausbildung von Medizinern.

Das Spektrum in dem in-vitro- Systeme Anwendung finden erstreckt heute über fast alle medizinische Bereiche. In der Fachliteratur wurden in den letzten Jahren unzählige Studien durchgeführt und veröffentlicht.

 Untersuchungen an Zellen von Tier und Mensch werden, um nur einige zu nennen, an Herzzellen, Leberzellen, Nervenzellen, Muskelzellen, Lungenzellen und Krebszellen durchgeführt. Hier werden die Reaktionen, die die Zellen auf bestimmte Substanzen zeigen beobachtet (Rambeck 1995, S. 2f.).

Neben den Untersuchungen die an Zellen, gibt es noch jene, die an Gewebeproben, Organen, Mikrooganismen, zellfreie Nährlösungen, Computern etc. durchgeführt werden. Hier erhofft man sich neue Erkenntnisse besonders im Bereich der Grundlagenforschung und Toxikologie zu erlangen (Rambeck 1995, S. 3ff.).

 "Ein bedeutsamer Wandel in der Einstellung zum Tier und die erfolgreiche Entwicklung neuer wissenschaftlicher Methoden haben  in den letzten Jahren bewirkt, daß eine erhebliche Zahl von Tierversuchen durch in-vitro-Systeme ersetzt wurden" (Rambeck S. 6)

Das eine weitere Reduktion der Tiervers-Zahlen durch diese Art von Verfahren möglich ist bezweifeln viele Wissenschaftler. Sie wurden bereits in den 70er Jahren angewandt und sind nicht erst in den letzten Jahren „entdeckt“ wurden. Aufgrund dieser Tatsache sehen viele Forscher das Potential in bestimmten Bereichen bereits als voll ausgeschöpft. Zahlreiche Kritiker sehen, aufgrund dieser Tatsache, die Notwendigkeit von Tierversuchen ein, wenn es z.B. um die Risikoabschätzung bestimmter Subsatanzen, der Erprobung lebenswichtiger Medikamente oder Anästethika, neuer chirurgischer Verfahren oder diagnostischer Techniken geht. Bestimmte Verfahren sind an einzelnen Zellen nicht testbar, da z.B. giftige Stoffe nicht unbedingt auf einzelen Zellen wirken und deren Wirkung nur ma Ganztier erforscht werden kann. (Albin, E./ Lutterotti, M.v./ Sporken, P. 1989, S. 1164).